Der hungrige Truffaldino träumt stets vom Essen und als sich ihm die Möglichkeit bietet, zusätzlich zu seinem Herrn noch einem zweiten zu dienen, nimmt er diese Gelegenheit wahr: Doppelte Bezahlung bedeutet doppelte Mahlzeiten. Doch aus dem Traum wird nichts: Truffaldino muss sich fast zerreißen und sich vielerlei Ausreden einfallen lassen, um seinen Herren Florindo und Beatrice (als Federigo Rasponi in Männerkleidung) gleichzeitig zu dienen. Ein komödiantisches Verwirrspiel par excellence – mit Happy End. Das Ensemble von JUNGEBÜHNE beweist, dass man mit Ehrgeiz, Motivation, Neugier und Fantasie ein Theaterstück zum Leben erwecken kann, das dank individuellen Ausdrucks, erfrischender Einfälle und einem großartigen Spielverständnis seine ganz eigene Note bekommt. Dieser Wille zur Leistung, Gestaltung und Gemeinschaft ist auch ein wertvoller Beitrag für die Zukunft – für uns Erwachsene jedenfalls ermutigend! Zu sehen ist Goldonis „Der Diener zweier Herren“ von 4.-18. September im MuTh!
Pantalone, Kaufmann aus Venedig, muss jäh umdisponieren: sein erhoffter Schwiegersohn, der wohlhabende Federigo Rasponi, scheint erdolcht worden zu sein. Also verlobt Pantalone seine Tochter Clarice kurzerhand mit Silvio, dem Sohn eines honorigen Advokaten. Die Hochzeit soll umgehend ausgerichtet werden, verzögert sich aber erneut durch Truffaldino, einen Diener, der den Besuch seines Herrn, des ermordeten Federigo, meldet. Das verliebte Brautpaar ist entsetzt. Einzig der Brautvater ist hocherfreut: der reiche Wunschkandidat für seine Tochter ist also doch am Leben. In Wahrheit ist es aber Federigos Schwester Beatrice, die nun auftaucht. Getarnt als ihr Bruder hofft sie, ungestört den geliebten Florindo Aretusi zu finden. Vorher möchte Beatrice allerdings noch den reichen Pantalone ausnehmen für einen Geldpolster, denn wer weiß, wie lange Florindo und sie schließlich untertauchen müssen. Mit Hilfe des Wirts Brighella, der als einziger den Klamauk durchschaut, beginnt sie nun ihr Vorhaben, ohne jedoch zu ahnen, dass auch sie bald einem Schwindel aufsitzen wird. Der von ihr gesuchte Florindo selbst ist auf der Flucht, weil er unter Verdacht steht, in den für Federigo tödlichen Dolchkampf verwickelt gewesen zu sein. So kommt auch er nach Venedig, wo er nicht nur Beatrice sucht, sondern genauso dringend einen Diener. So trifft er auf Truffaldino. Von Beatrice als Diener eher schlecht als recht bezahlt und stets hungerleidend, heuert dieser jetzt noch bei Florindo an, denn doppelter Lohn heißt zugleich doppeltes Essen. Der Einfachheit halber bringt Truffaldino Florindo gleich in demselben Gasthaus unter. So meint er, bequem und ohne großen Aufwand seine Aufgaben als „Diener zweier Herren“ erledigen zu können - was sich bald als Irrtum herausstellt, gestaltet sich das Leben für Truffaldino zusehends als aufreibender und komischer Balanceakt zwischen seinen beiden “Dienstherren”, der dafür mit der Liebe des Dienstmädchens Smeraldina belohnt wird. Ein höchst komödiantisches Verwirrspiel erwartet das Publikum.
Der Diener zweier Herren (1746) gilt als markanter Höhepunkt in Goldonis Werk. Zugleich bringt dieses Stück das berühmte Genre der Commedia dell’arte gehörig ins Wanken. Goldoni, der dreißig Jahre seines Lebens in Frankreich verbringt und die psychologischen Komödien etwa eines Molière kennenlernt, etabliert in seiner Komödie mit unvergleichlichem Witz nicht nur ein höchst dynamisches Spielfeld für ein altbewährtes Figurentableau, sondern er schreibt auch alltägliche Charaktere, die ohne stereotype Masken selbstbewusst agieren und patriarchale Strukturen durchaus lustvoll demontieren.
In der Bearbeitung von JUNGEBÜHNE wird dieser theatergeschichtliche Moment in Szene gesetzt.
Die für Goldonis Verständnis überholten Figuren eines Magnifico, eines Pulcinella oder eines Tartaglia müssen erfahren, dass sie hinfort nicht mehr zur Standardbesetzung einer Komödie gehören, denn das Theater hat sich „weiterentwickelt“.
Aus dem Stück verbannt, tauchen sie zwischen den einzelnen Szenen immer wieder als stille Kommentatoren des Geschehens auf und mehr oder weniger begabte Bühnenarbeiter.
2024 bringt das JUNGEBÜHNE Ensemble (circa 100 Kinder und Jugendliche im Alter von 7-16 Jahren) die Komödie „Der Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni auf die Bühne.
Die Ensembleproben, die ab Februar liefen, wurden in 5 Gruppen zu je max. 25 Kindern und Jugendlichen mit 3-4 Trainern abgehalten (1,75 Stunden pro Woche). Dazu kamen drei intensive Wochenenden für die Endproben im Mai und Juni und die Wiederaufnahmeproben im September.
Im Juni fanden bereits 12 Schulaufführungen im Muth statt, die Schulklasse aus Wien und Niederösterreich vorbehalten waren. Über 3000 Schülerinnen und Schüler sahen so bereits unsere Produktion. Die öffentlichen Aufführungen (11 Termine) sind für Anfang September geplant - wieder im Muth.
Die Erarbeitung eines Stücks der klassischen Weltliteratur und seine Umsetzung auf einer echten Theaterbühne ist eines der zentralen Anliegen von JUNGEBÜHNE. Im Lauf des Probenprozesses wird jedes Ensemblemitglied in seiner einzigartigen Individualität gefördert.
Theaterspielen ist für die intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklung der Persönlichkeit ein Mehrwert, als ganzheitliche Lernmethode eingesetzt, kann jeder davon profitieren. Die Kinder und Jugendlichen üben respektvollen Umgang miteinander und lernen sich und andere in unterschiedlichsten Rollen besser kennen.
Der Verein JUNGEBÜHNE trägt sein größtes Ziel schon im Namen: eine Bühne für die Jugend zu sein, für junge Darstellerinnen und Darsteller, für Menschen, die sich für Berufe rund um das Theater interessieren (Maskenbildner, Kostümdesigner, Bühnenbildner etc.).
Die Aufführungen können so sowohl das aktuelle als auch das zukünftige Publikum prägen und das Interesse für das aktive und passive Partizipieren am Theaterleben wecken.
Denn wer als Kind schon einen Goldoni oder Nestroy gespielt oder miterlebt hat, wird auch für andere Inszenierungen, Auslegungen und Theaterformen offen sein, und auch vor anderen Werken großer Dramatiker keine Scheu haben.
PREMIERE (ÖFFENTLICH) 4. September 2024 um 18:00 Uhr
WEITERE TERMINE
5. September 2024 um 16:00 und 19:00 Uhr
7. September 2024 um 16:00 und 19:00 Uhr
8. September 2024 um 15:00 und 18:00 Uhr
14. September 2024 um 16:00 und 19:00 Uhr
15. September 2024 um 15:00 und 18:00 Uhr
KÜNSTLERISCHE LEITUNG: Kathia Deninger
REGIE: Manfred Stella und Petrica Voicu
DRAMATURGIE: Kathia Deninger, Sibylle C. Gaier und Barbara Rosenberger (Text Rahmenhandlung)
KOMPOSITION UND MUSIK: Julia Meinx und Maximilian Pammer
BÜHNE: Joe M. Messner
KOSTÜM: Adinda Meijts
MASKE: Renate Harter
REQUISITE: Eva Redtenbacher-Kohout
REGIEASSISTENZ: Eva Redtenbacher-Kohout
SPIELLEITUNG: Mihai Constantenec
PROBENLEITUNG: Anne Planatscher
PRODUKTIONSLEITUNG UND PRESSE: Ida Pammer
THEATERVERMITTLUNG: Sibylle C. Gaier
GRAFIK: Barbara Theis